DIE GELEHRTEN GEHÖREN AUF DEN SCHEITERHAUFEN
Die Nachricht vom Tode Robert Raurissons ist von den «Ultrarechten», die «anständig» sein wollen (im Klartext: die sich weigern,Tabuthemen auch nur ansatzweise anzusprechen, wie es die Tugendwächter verordnet haben), mit einem ohrenbetäubenden Schweigen empfangen worden. Das Spektrum reicht da vom sehr bürgerlichen «Institut Iliade» bis hin zu den «Neuen Rechten», wie das früher hieß (die wollen diese Benennung sowieso gar nicht mehr hören) und zu einem «Rassemblement National» *, dessen Präsidentin Marine Le Pen anläßlich ihrer Teilnahme an einer Demo des CRIF ** im Frühjahr 2018 sich von den Schergen der Jüdischen Schutzliga beschützen ließ...
Welches Verbrechen hatte Faurisson begangen? Er hatte sich angemaßt, das einzige historische Thema zu untersuchen, über das die Tugendwächter Untersuchungsverbot verhängt haben. Das hat natürlich redliche Geister zu der Frage gebracht: Warum denn? Was rechtfertigt ein solches Tabu? Im Namen welcher Interessen? Egal, was man von Faurissons Thesen hält, müßte es erlaubt sein, solche Fragen zu stellen. Denn das Recht aller Historiker, frei arbeiten zu dürfen, steht auf dem Spiel.
Das hatte die jüdischstämmige Historikerin Annie Kriegel (1926-1995) begriffen und auch gesagt. Nachdem sie in ihrer Jugend eine leidenschaftliche kommunistische Aktivistin gewesen war, hatte sie in späteren Jahren ein Einsehen und prangerte den kommunistischen Schwindel in ihren Büchern an, die eine große Resonanz finden sollten (so der Historiker Robert O. Paxton). Sie hatte dann mutig gegen das Gayssot-Gesetz*** Stellung bezogen, dem sie in einem Artikel der Zeitung Le Figaro, der damals für viel Aufsehen sorgte, vorwarf, das Meinungsdelikt in das französische Rechtssystem wiedereinzuführen.
Sie schrieb: «Indem Michel Rocard **** den Gerichten die widerwärtige Aufgabe überträgt, das Meinungs- und Meinungsäußerungsdelikt zu fahnden und zu ahnden, indem er sich von der Konkurrenz zwischen sog. «antirassistischen» Organisationen eine Hexenjagd erhofft (die mit den gleichen Exzessen wie alle anderen Jagden dieser Art verbunden ist), und sich hinter besorgten jüdischen Einrichtungen verschanzt, um einer unerträglichen jüdischen Gedankenpolizei das Wort zu reden, sollte er sich allen Ernstes die Frage stellen, ob er sich damit nicht für eine ziemlich widerliche Instrumentalisierung der Begriffe Rassismus und Antisemitismus hergibt, und zwar in der Verfolgung wenig ehrenwerter Zielsetzungen».
Die von Annie Kriegel aufgeworfene Frage hat Spuren hinterlassen: In einer am 14. Dezember 2005 von der Wochenzeitung Nouvel Observateur unter dem Titel Freiheit für die Geschichte veröffentlichten Kolumne meldeten sich namhafte Historiker***** zu Wort und schrieben:
«Historiker erkennen kein Dogma an, fügen sich keinem Verbot und kennen keine Tabus. Sie können zuweilen beunruhigend sein. Denn die Geschichte ist nicht die Moral. Die Aufgabe eines Historikers besteht nicht darin, zu verherrlichen oder zu verurteilen, sondern zu erklären (...). In einem freien Staat steht es weder dem Parlament noch dem Justizwesen zu, zu bestimmen, was historische Wahrheit sein soll. Nun aber wurden diese Grundsätze von verschiedenen, aufeinanderfolgenden Gesetzen (vom 13. Juli 1990, 29. Januar 2001, 21. Mai 2001 und 23. Februar 2005) aufs gröbste verletzt. Deren Bestimmungen schränken die Freiheit des Historikers ein, diktieren ihm – unter Strafandrohung - , wonach er forschen und was er finden soll. Sie zwingen ihm Methoden auf und zeigen ihm Grenzen auf».
Dieser Text sollte allen Freiheitskämpfern als Maßstab dienen.
PIERRE VIAL
*Rassemblement National (nationale Vereinigung) ist der neue Name der ehemaligen «Front National»....
** Repräsentativer Rat der Jüdischen Institutionen in Frankreich.
*** Das „Gayssot-Gesetz“ von 1990 (nach dem Namen eines kommunistischen Abgeordneten) stellt das Leugnen der Schoah unter Strafe (Art. 9 des Gesetzes).
**** Von Mai 1988 bis Mai 1991 war der Sozialist Michel Rocard Premierminister unter Staatspräsident Mitterand.
***** Es waren: Jean-Pierre Azéma, Elisabeth Badinter, Jean-Jacques Becker, Françoise Chandernagor, Alain Decaux, Marc Ferro, Jacques Julliard, Jean Leclanc, Pierre Milza, Pierre Nora, Mona Ozouf, Jean-Claude Perrot, Antoine Prost, René Rémond, Maurice Vaïsse, Jean-Pierre Vernant, Paul Veyne, Pierre Vidal-Naquet und Michel Winock.